15. Januar 2004

 

„Es kommt nicht darauf an, die Zukunft vorherzusagen, sondern auf die Zukunft vorbereitet zu sein.“

 

Perikles

 

 

 

Global Doom - das Worst-Case-Szenario

Wie eine Deflation in den USA das globale Finanzsystem erschüttern könnte

 

von Marco Feiten

 

In der “Börseninfo” thematisiere ich immer und immer wieder Inflation und Deflation, denn es geht mir darum zu verstehen, warum sich die Märkte so entwickeln wie sie es tun und wieso es zu Krisen kommt. Eine wesentliche Ursache dafür scheint im "System" selbst zu liegen, denn es verhindert nicht, dass menschliche Charakterzüge im Kollektiv einwirken können. Mit „System“ meine ich unser Geld- bzw. Kreditsystem, nicht unbedingt die Börsen oder die Wirtschaft. Ich glaube, dass ein Problem des Systems darin liegt, dass es uns erlaubt in der Zukunft zu leben. Man mag über diese paradox erscheinende Aussage staunen, doch wenn Sie sich ein Haus oder ein Auto per Kredit finanzieren, tun Sie nichts anderes als Konsum vorziehen, den Sie sich eigentlich erst viel später leisten könnten. Dieser vorgezogene Konsum kostet Sie etwas - in der Regel müssen Sie Zinsen zahlen - weil derjenige, vom dem Sie das Geld erhalten haben auf Konsum verzichtet und dafür einen Ausgleich verlangt. Sie müssen folglich nicht nur den Wert Ihres vorweggenommenen Konsums erarbeiten, sondern zudem noch die Zinsen. Aufgrund der Eigenart unseres Geld- und Kreditsystems kann nun aber aus einem bestimmten Betrag ein Mehrfaches an Kredit hervorgehen, d.h. das Geld das Sie für den Konsum ausgeben, führt an anderer Stelle zu Guthaben, woraus weitere Kredite hervorgehen können. Einfach ausgedrückt: Das „gleiche Geld“ kauft mehrfach ein. Dies führt folglich dazu, dass die Geldmenge steigt, obwohl es eigentlich gar nicht mehr Geld (sondern Kredit) gibt. Dies noch einmal anschaulicher: Angenommen Sie nehmen einen Kredit über 10.000 Euro auf und kaufen damit ein Auto, dann wird der Verkäufer die 10.000 Euro auf sein Konto erhalten. Nun kann aber die Bank, bei der der Autoverkäufer sein Konto führt durch diese Einlage einen weiteren Kredit vergeben und jemand anderes kann sich auch ein Auto kaufen, das heißt Ihr ursprünglicher Kredit wird zur Einlage und damit Basis für einen weiteren Kredit, die ursprünglichen 10.000 Euro werden „wieder verwendet“ und kaufen nochmals ein. Dies wird als „Geldschöpfung“ bezeichnet, es ist also völlig falsch zu glauben, es gäbe für jeden Kredit einen realen Gegenwert, denn im Prinzip dient hier ein Kredit als Sicherheit für einen weiteren Kredit.

 

„Fiat Money“, das Geld „aus dem Nichts“ bildet die Grundlage unseres heutigen Finanzsystems. Nun müsste daraus aber noch immer nicht zwingend eine Krise hervorgehen, es lassen sich jedoch bereits Zyklen erklären, denn einfach ausgedrückt leben ab einem bestimmten Niveau zu viele Menschen in der Zukunft und müssen jene erst einmal erarbeiten – die Rezession ist da. Nicht nur Sie leben auf Kredit, sondern auch der Staat und da jener das System hervorbringt, kontrolliert sich das System nicht selbst – die USA heben z.B. permanent ihre Schuldengrenze an. Zwar sind Staat und Notenbank getrennte Organisationen, doch faktisch kann der Staat ständig Kredit bei der Zentralbank aufnehmen. Warum aber kippt das System um in eine Krise? Nun, wir haben oben den Zins erwähnt. Der Zins hat eine Eigenschaft, die in der Natur dauerhaft nicht vorkommt – er wächst exponentiell (Zinseszins). Das Problem ist dabei folgendes: Sie zahlen nicht nur Ihre Kredite, sondern über Steuern etc. auch die des Staates. Ihre Arbeitsleistung, die Werte die Sie schaffen müssen höher sein als die Geldwerte, die der Zins schafft. Dies ist jedoch ab einem bestimmten Niveau an Schulden nicht mehr möglich. Sie können nicht mit dem Zins konkurrieren, wenn dieser auf eine zu große Basis zurückgreifen kann. Der Investmentexperte Marc Faber stellt in seinem Buch "Zukunftsmarkt Asien" die folgende Rechnung dar: Angenommen ein kluger Vorfahre hätte im Jahre 1000 einen US-Dollar zu jährlich 5% Zins angelegt, dann wäre dieser eine US-Dollar inzwischen auf die unglaubliche Summe von 1.546 Millionen Milliarden (eine Quintillion) US-Dollar angewachsen! Hier sehen Sie auch die andere Seite der Bilanz: mit den Schulden wachsen natürlich auch die Vermögen. Jene die dieses Vermögen halten sind daran interessiert, es zu vermehren. Das Vermögen fließt daher in Investitionen: entweder in die Realwirtschaft oder an die Finanzmärkte, je nachdem wo die höhere Rendite erwartet wird. Hier kommen wir zu einem Problem: Wie oben dargestellt erlaubt uns der Kredit eine Zeitreise, das heißt wir konsumieren bereits Dinge die wir uns eigentlich noch nicht leisten können. Dadurch werden Märkte sehr schnell gesättigt, weshalb es sich kaum noch lohnt, weitere Investitionen in der Realwirtschaft in diesem Bereich vorzunehmen. Ist dies für einen Großteil der Produkte der Fall, fließt das Vermögen folglich verstärkt an die Finanzmärkte und verursacht dort Preissteigerungen. Genau dies ist in den vergangenen 20 Jahren geschehen und hat zur Aktienblase der 90er geführt, weil immer mehr Geld wegen der vermeintlich hohen Rendite an die Finanzmärkte floss. Der Clou daran ist, dass wachsendes Geldvermögen durch solche Blasen auch zu höherem Konsum führt, weil Preissteigerungen an den Finanzmärkten Reichtum für alle suggerieren. Wer sich reicher fühlt und dies durch seinen Depotauszug "belegen" kann, wird mehr konsumieren. Dies führt dazu, dass Kapazitäten aufgebaut werden, die eigentlich nicht mehr sinnvoll sind. Durch das "zu viel" an Geld entsteht überall ein "zu viel" an Nachfrage. Eine Überproduktionskrise ist somit Folge einer Aufblähung der Vermögen und Schulden, der Inflation.

 

Wenn Sie in der Presse hören, die Notenbanken weiten die Geldmengen aus, so ist dies etwas irreführend. Die Notenbanken legen die Rahmenbedingungen fest – wenn sie die Zinsen senken werden Kredite billiger (sofern die Geschäftsbanken dies weitergeben) und folglich heizen Sie das Kredit- und Geldmengenwachstum an. Doch zurück zur Krise: Diese tritt auf, wenn die Banken Liquidität wegen zu hoher Risiken nicht weitergeben wollen oder aber die Konsumenten keine weiteren Kredite mehr aufnehmen können, weil ihnen ihr Verstand sagt, dass es jetzt wichtiger ist bereits bestehende Schulden zu tilgen. Das Zurückgehen der Kredite, der Geldmenge bezeichnet man als Deflation. Dieses Phänomen wird logischerweise nur auftreten, wenn die Märkte gesättigt sind oder die Schuldenlast ein drückend hohes Niveau erreicht hat. Genau dies scheint in den USA nun erreicht zu sein. Die US-Geldmenge MZM ist im Dreimonatsvergleich annualisiert um rund 6% gefallen (Erläuterungen zu MZM und Charts hier und hier).

 

Die USA stehen vor einer Deflation

 

 

 

Ich glaube, dass wir auf eine Deflation zusteuern, und zwar primär in der „westlichen Welt“. Ich sehe, wie Sie entrüstet den Kopf schütteln. „Hat dieser Feiten nicht ständig ein Stagflationsszenario gezeichnet?“ Schon in der zurückliegenden Ausgabe der „Börseninfo“ habe ich aufgezeigt, dass die amtliche Statistik wichtige Parameter wie z.B. die Preise von Aktien unberücksichtigt lässt. Wir wurden in den 90ern Zeuge einer Hyperinflation – am Aktienmarkt. Sie konnten sich immer schneller für den gleichen Geldbetrag weniger Aktien leisten. Diese Hyperinflation hat sich offenbar „versteckt“, denn der US-Dollar blieb gegen andere Währungen und Rohstoffe stark und durch die Globalisierung fielen die Preise. Ich könnte mir vorstellen, dass sich die bevorstehende Deflation auch verstecken wird – zumindest in den USA. Preise werden bekanntlich in Währungen ausgedrückt – verliert eine Währung jedoch an Kaufkraft, so zeigt sich dies in steigenden Preisen. Wird das Fundament einer Währung untergraben, so verliert sie an Wert. Genau darauf arbeiten die USA und Japan hin, denn während es den Haushalten und Unternehmen irgendwann nicht mehr möglich ist sich weiter zu verschulden, kann der Staat theoretisch unbegrenzt weitere Schulden auftürmen und damit das Vertrauen in die Währung zerstören. Ich glaube daher, dass sich eine Deflation in den USA hinter einem kollabierenden US-Dollar verstecken wird und Stagflation daher die treffendere Bezeichnung ist. Daher sprach ich bereits in der zurückliegenden Ausgabe der „Börseninfo“ von der „letzten inflationären Schlacht“ – ohne den Verfall des US-Dollar und der starken asiatischen Wirtschaft, insbesondere der riesigen Rohstoff-Nachfrage Chinas wäre die Weltwirtschaft vermutlich in eine Deflationäre Depression verfallen.

 

Inzwischen sind die Medien voll an Anklagen gegen die US-Notenbank und Alan Greenspan, doch wann immer die meisten Akteure einer Meinung sind, werde ich skeptisch. Ich glaube, dass Alan Greenspan bzw. die US-Notenbank kaum eine andere Wahl hatte, als so zu handeln wie sie es getan haben. Viele Anleger, vor allem die „Supergoldbullen“ sind der Meinung, Greenspan habe seine eigene Überzeugung verraten, denn noch 1966 hatte er in seinem Aufsatz „Gold und wirtschaftliche Freiheit“ geschrieben:

 

„Staatsverschuldung ist einfach ein Mechanismus für die Enteignung von Vermögen. Gold verhindert diesen heimtückischen Prozess. Es beschützt Eigentumsrechte.“

 

Die US-Notenbank hat in den vergangenen Jahren bei jeder Krise (1997 Asienkrise, 1998 LTCM-Pleite und Russlandkrise, befürchtete Jahr 2000-Krise, Zusammenbruch der Technologieaktienblase, Anschläge in den USA) die Zinsen gesenkt und dadurch Liquidität geschaffen, womit sie womöglich eine globale Krise vermieden hat. Wie hätten Sie an ihrer Stelle gehandelt?

 

Warum ist Liquidität so wichtig? Die Deflation der 1930er Jahre war deshalb so katastrophal, weil es überall an Geld mangelte und sich dies als Trend manifestierte. Wenn Liquidität fehlt und man zudem Schulden zu bedienen hat, entsteht ein Zwang der sich in fallenden Preisen auswirkt. Wichtig zu sehen ist, dass die Preise als Folge der Deflation fallen, also zuerst das Geld- und Kreditvolumen beginnt zurückzugehen und Liquidität knapper wird. Die voran gegangene Inflation hat zudem wie bereits erwähnt Überkapazitäten ermöglicht, sodass nun in vielen Bereichen ein zu großes Angebot vorhanden ist, was die Preise zusätzlich drückt. Unternehmensgewinne sinken oder wandeln sich in Verluste, Pleiten nehmen zu, Löhne sinken, Kredite fallen aus. Kreditsicherheiten werden zum bestmöglichen Preis veräußert – da aber in dieser Lage kaum jemand Geld hat bzw. Kredit bekommt, sinken die Preise der "Sicherheiten" aufgrund der geringen Nachfrage. Die wirkliche Katastrophe der 1930er Deflationären Depression war zum einen, dass es eine globale Entwicklung war, viel entscheidender war jedoch die Geschwindigkeit in der sie sich entwickelte. Der Aktiencrash von 1929 kann durchaus als Auslöser gesehen werden, da er Vermögen vernichtete, die Schulden aber blieben – zunächst. Steigende Aktienkurse erzeugen "Reichtum", das wissen wir spätestens seit dem in den 90ern der „Wealth Effect“ beschrieben wurde, wonach steigende Aktienkurse den Konsum fördern. Ich habe den Eindruck, dass die US-Notenbank genau darauf hinarbeitet und durch niedrige Zinsen die Immobilien- und Aktienblase stützt. Die Menschen sollen sich reich fühlen um weiterhin zu konsumieren. Wo ist dabei das Problem? Angenommen, Aktie A wird von 10 Anlegern gehalten und kostet 1 Euro, alle haben also zusammen ein Vermögen von 10 Euro. Anleger Neu kauft Aktie A und findet nun nur einen Verkäufer Alt, der aber nur zu 1,20 Euro verkauft. Aktie A steigt auf 1,20 Euro. „Fantastisch!“ werden Sie denken, denn nun haben 10 Personen ein Vermögen von 12 Euro – das Vermögen ist um 20% gewachsen (außer für den letzten Käufer). Alle diese Menschen werden entzückt ihr Depotvolumen ansehen und womöglich werden 2 oder 3 denken: „Da ich jetzt 20% reicher bin, kann ich mir ruhig etwas gönnen. Mein Depot dient mir als Sicherheit für einen Kredit.“ Ähnlich sieht es bei der Entwicklung von Immobilien aus: steigende Preise erzeugen den Eindruck, man sei reicher geworden. Oftmals wird dieser Reichtum als Sicherheit verstanden, selbst bei den Banken. Wo ist der Denkfehler? Nun, der Reichtum wurde durch eine einzige Transaktion geschaffen und ist real nur beim Verkäufer entstanden. Bei den anderen jedoch kann der Buchreichtum entsprechend durch eine einzige Transaktion wieder vernichtet werden, nämlich dann, wenn sich eine der 10 Personen von Aktie A trennen möchte, aber nur zu 1 Euro einen Käufer findet. Jene die sich nun bereits aufgrund des plötzlichen "Reichtums" auf Kreditbasis etwas  gegönnt haben werden nun im Nachhinein ihren Konsum bereuen, denn auf Basis ihres neuen Depotvolumens haben sie über ihre Verhältnisse gelebt.

 

"Reichtum" durch Inflation: Kreditfinanzierte Immobilienkäufe führen zu steigenden Preisen

 

 

 

Dies ist nur ein sehr einfaches Modell, aber es zeigt die Gefahr auf die sich in den USA entwickelt. Die US-Notenbank versucht durch den niedrigen Zins zu bewirken, dass sich die Menschen reicher fühlen, denn Vermögen wird in Immobilien oder Aktien angelegt und führt zu steigenden Preisen. Die Menschen refinanzieren ihr Haus und erhalten neue Liquidität, die sie in den neuen Golf V o.ä. investieren. Sollte es in den USA zu einer Deflation kommen und die Preise an den Immobilien- und Aktienmärkten fallen, könnte dies eine Katastrophe ungeahnten Ausmaßes erzeugen. Die aufgetürmten Kredite würden bleiben, während die „Sicherheiten“ stetig an Wert verlieren würden. Das obige Beispiel hat noch etwas Wichtiges aufgezeigt: entscheidend ist nicht das, was in den "Büchern" bzw. auf dem Depotauszug steht (Buchwert), sondern der real entstandene Preis. Sie können 10 Jahre lang eine Aktie halten und diese steigt 9 Jahre kontinuierlich an - doch ein Crash im zehnten Jahr kann den ganzen "Reichtum" zerstören, wenn sie die Aktie noch nicht vorher verkauft haben.

 

Ich wiederhole von oben: Wenn Liquidität fehlt und man zudem Schulden zu bedienen hat, entsteht ein Zwang der sich in fallenden Preisen auswirkt. Kreditsicherheiten werden zum bestmöglichen Preis veräußert – da aber in dieser Lage kaum jemand Geld hat bzw. Kredit bekommt, sinken die Preise. In diesem Zusammenhang möchte ich auf etwas Interessantes hinweisen: wer sich zuletzt ein neues Auto gekauft hat wird womöglich festgestellt haben, dass die Preise für Neuwagen niedriger liegen als die Preise für noch sehr neue, aber bereits gebrauchte Fahrzeuge. Dies erscheint zunächst völlig unlogisch, denn warum sollte man für etwas Gebrauchtes mehr zahlen sollen als für etwas Neues? Wie kommt es zu diesem eigenartigen Phänomen? Aktuell stehen die Autohändler schlichtweg unter größerem Druck ihre Fahrzeuge abzusetzen als die privaten Verkäufer. Ähnlich sieht es in den USA aus: während die deutschen Modelle zu "normalen" Preisen abgesetzt werden können, muss die amerikanische Konkurrenz wegen ihres schlechten Rufes Nullzinsfinanzierungen etc. anbieten – sie stehen unter einem größeren Zwang! Liquidität und Zwang sind eng miteinander verknüpft. Daher war und ist es für die US-Notenbank so wichtig, Liquidität zu ermöglichen. Dies ist auch der Grund, warum die japanische Deflation vergleichsweise harmlos verlaufen ist – es ist kaum Zwang entstanden, weil die Japaner immer eine Gläubigernation waren. In den USA sieht dies genau anders herum aus - der Staat, die Haushalte und auch viele Unternehmen sind extrem verschuldet. Es ist allgemein bekannt, dass die US-Wirtschaft massiv vom Konsum der Verbraucher abhängig ist, dies gilt allerdings auch für die globale Wirtschaft. Es ginge den deutschen, französischen, japanischen oder chinesischen Unternehmen wesentlich schlechter, wenn der US-Konsument nicht jeden US-Dollar umgehend ausgeben würde. Daher haben die Regierungen und Notenbanken jener Länder ein großes Interesse daran, dass die US-Konsumwirtschaft am Leben bleibt. Gleichzeitig wollen insbesondere die asiatischen Länder Produktionsvorteile gewinnen und somit Arbeitsplätze erhalten in dem sie ihre Währungen künstlich niedrig halten. Asiatische Notenbanken intervenieren massiv gegen eine Abwertung des US-Dollar gegenüber ihren Währungen. Allein die japanische Notenbank hat in 2003 rund 188 Milliarden US-Dollar für Deviseninterventionen aufgewendet, für 2004 hat sie sich gar die gewaltige Deviseninterventionssumme von 570 Milliarden US-Dollar genehmigen lassen.

 

Die Währungsreserven der Asiaten „explodieren“

 

 

 

Die Devisenreserven Südostasiens sind 2003 um 474 Milliarden US-Dollar auf 1,9 Billionen US-Dollar angestiegen und werden hauptsächlich in US-Treasuries, d.h. in US-Staatsanleihen angelegt. De facto ist es den Notenbanken nicht mehr möglich, diese „Reserven“ ohne eine Entwertung in andere Anlagen zu transformieren – der Verkauf der US-Staatsanleihen würde massiv den US-Dollar belasten  (Währungsverluste) und zudem steigende Zinsen bewirken, was den US-Konsum einbrechen und damit die asiatischen Exportwirtschaften treffen würde. Worauf will ich hinaus? Nun, das ganze Weltfinanzsystem ist inzwischen ein System höchster wechselseitiger Abhängigkeiten geworden und ich empfinde es als höchst gefährlich, dass die großen Wirtschaftsblöcke USA, Asien und EU nicht miteinander, sondern über ihre Währungen gegeneinander operieren. Insbesondere sehe ich ein hohes systemisches Risiko durch die entstandenen Ungleichgewichte. Es ist absehbar, dass die Asiaten aufgrund ihrer Währungspolitik den US-Konsumenten zukünftige Kaufkraft entziehen. Da in den USA kaum noch investiert wird und Arbeitsplätze nach Asien abwandern, werden in den USA die Einkommen weiter zurückgehen. Das wird sich irgendwann in den nächsten Monaten in schwächeren Konsumausgaben zeigen. Die USA versuchen wie auch die Asiaten den US-Dollar abzuwerten um den Standort wieder attraktiver zu machen, allerdings offenbar mit wenig Erfolg. Wie lange können die asiatischen Notenbanken den US-Dollar noch halten? Theoretisch noch sehr lange, denn kraft ihrer Fiskalbefugnisse können sie beliebig viele Yen, Yuan, etc. schaffen und dafür US-Dollar kaufen – mit anderen Worten, die Notenbanken betreiben eine extreme Inflationspolitik, was dazu führt, dass die Geldmengen über dem Maß des Wirtschaftswachstums steigen und die Kaufkraft der Währungen mindern. Aus eben dieser Überlegung heraus leitet sich eine wichtige Erkenntnis ab: der Bullenmarkt in Edelmetallen dürfte in den kommenden Jahren sämtliche Währungen erfassen, also nicht nur in US-Dollar stattfinden, wie es bisher der Fall ist. Dies ist deshalb möglich, weil die riesigen Vermögen selbst in einer Deflation nicht auf einmal plötzlich verschwinden werden. Stattdessen werden sie in „sichere Anlagen“ fliehen. Weil der Goldmarkt vergleichsweise klein ist, wird hier vermutlich eine weitere (letzte?) inflationäre Blase entstehen.  Welche Erkenntnis gewinnen wir noch? Die „Reserven“ der Notenbanken könnten im Falle eines US-Dollar-Crashs nahezu wertlos werden – und damit selbst die Notenbanken in den Ruin stürzen. Man sieht hier, wie fragil das  Finanzsystem inzwischen geworden ist. Ich bin davon überzeugt, dass diese Entwicklung auf absehbare Zeit in einer Krise münden und ein neues globales Geld- und Kreditsystem erforderlich machen wird. Dies habe ich bereits vor rund einem Jahr in meinem Beitrag „Die absehbare Krise des Fiat Money“ dargestellt, den Sie hier downloaden können: http://www.new-sense.net/wirtschaft/sonstiges/fiatmoneyspecial.pdf.

 

Es könnte allerdings zuvor zu einem wahren „Global Doom-Szenario“ kommen, denn sollten die USA in eine Deflation übergehen, so könnte dies eine Kettenreaktion auslösen, wie sie die Welt noch nicht erlebt hat. Der entscheidende Aspekt dabei ist die Geschwindigkeit der Entwicklung und genau dies ist nur schwer einzuschätzen. Dabei kommt dem Verfall des US-Dollar womöglich eine gravierende Rolle zu. Dadurch, dass die Welt reich an US-Dollar („Weltreservewährung“) ist ergibt sich ein entsprechend hohes Verkäuferpotenzial. Sollte es aus irgendeinem beliebigen Grund zu panikartigen Verkäufen beim US-Dollar kommen, könnte dies wegen der Währungsverluste umgehend auch die US-Finanzmärkte erfassen. Fallende Preise an den US-Finanzmärkten würde wie oben beschrieben sämtliche Kreditsicherheiten zerstören, die Immobilienblase binnen kürzester Zeit in sich zusammenfallen. Der Crash würde sich wegen der dominanten Rolle der USA umgehend auf alle Weltmärkte ausdehnen. Ironischerweise würde trotz gigantischer Berge an US-Dollar-Vermögen Liquidität knapp werden, denn es handelt sich – dies sei explizit wiederholt – um Buchbeträge. Unglücklicherweise dürfte zudem die Wirkung weiterer Zinssenkungen durch die US-Notenbank verschwindend gering sein, denn die Kreditnahme und –vergabebereitschaft würden zusammenbrechen. Dieses „seltene Ereignis“ - wie es Statistiker bezeichnen würden - wäre eine globale Katastrophe. Vermutlich käme es durch die unüberschaubaren Drivate-Instrumente zu völlig unerwarteten Reaktionen an anderen Märkten und die globale Panik wäre perfekt!

 

Wie wahrscheinlich ist ein solches Szenario? Nun, eine Deflation in den USA ist wie dargestellt denkbar, wenn nicht sogar wahrscheinlich. Sie wird sich dadurch ergeben, dass die Verbraucher an ihre Schuldengrenze stoßen. Eine Panik an den Finanzmärkten könnte sich meines Erachtens jederzeit ergeben, prinzipiell aber wie dargestellt eher wenn Liquiditätsdruck bestünde. Dieser ist noch nicht gegeben. Selbst nach 3 Jahren fallender Aktienkurse kam keine rechte Panik auf – das zeigt deutlich, wie vermögend wir geworden sind, wie groß die Blase bereits geworden ist. Generell sollten Sie sich darüber bewusst sein, dass ich mich zwar hier vorrangig auf die USA beziehe, doch zum einen stehen die Märkte zueinander in Verbindung, zum anderen ist das Fiat Money-System eine Weltordnung und hätte bei einem Zusammenbruch entsprechend globale Auswirkungen. Womöglich verzögert sich das Global Doom-Szenario noch einige Jahre und wir erleben wie beschrieben eine letzte inflationär getriebene Hausse bei Edelmetallen durch global explodierende Staatsschulden und dem dadurch schwindenden Vertrauen in unser System, doch der „Kreditturmbau zu Babel der Neuzeit“ wird irgendwann in sich zusammenfallen, Buchvermögen und -schulden einfach verschwinden. Es erscheint utopisch zu glauben, die globale Verschuldung wäre rückzahlbar, denn dazu ist sie bereits zu groß und der Zinseszinseffekt somit zu mächtig. Vielleicht findet das Szenario auch in mehreren Etappen statt und die Phase März 2000 bis März 2003 war die erste. Eine einzige Chance besteht in einem evolutionären Prozess, einem Angehen des offenkundigen Problems der Überschuldung durch die Weltgemeinschaft. Schulden müssen erlassen, das Geld- und Kreditsystem neu gestaltet werden – bevor es zu einer Krise kommt. Solange es kein echtes globales Denken gibt und nationale bzw. wirtschaftsraumspezifische Interessen Vorrang haben, stehen die Zeichen jedoch auf Krise.

 

Um dem eingangs angeführten Zitat gerecht zu werden und ein paar konkrete Ratschläge zur Vorbereitung auf das Global Doom-Szenario zu geben: Achten Sie auf Ihre Gesundheit, gehen Sie regelmäßig egal bei welchem Wetter spazieren und achten Sie auf ein intaktes harmonisches Familienleben, denn dies dürfte in einer echten Krise von größter Bedeutung sein. Ferner sollte man mental so weit es geht auf eine solche Entwicklung vorbereitet zu sein. Investieren Sie in Bildung, vor allem beruflich! Mein favorisierter Anlagesektor bleibt weiter der Rohstoff-Bereich, denn Rohstoffe werden immer verbraucht, während allen Krisen, in allen Ländern und zu jeder Zeit. Es braucht auch nicht viel Fantasie um einzusehen, dass die Asiaten - selbst wenn es zu einer Finanzkrise kommt - immer mehr Rohstoffe verbrauchen werden. Die Betonung liegt hier auf "verbrauchen", denn das ist gewissermaßen solange eine Gewinngarantie, wie es nicht irgendwelche technologischen Durchbrüche gibt, die einen bestimmten Rohstoff überflüssig machen. Als Anlage würde ich daher langfristig (!) primär auf Rohstoffe, ausgewählte Aktienfonds (Schwerpunkte Edelmetalle, Rohstoffe, Versorgung) und Top-Anleihen sowie Immobilien in Asien setzen. Zur Absicherung gegen Systemrisiken erscheint ein Vorrat an lang haltbaren Nahrungsmitteln, physische (!) Edelmetalle, Bargeld und Investitionen, die Ihre Kosten dauerhaft senken und echten Nutzen spenden können, wie z.B. Wohneigentum, Grundstücke, eine Solaranlage, ein Wassersammelbacken, ein Obst- und Gemüsegarten, etc. sinnvoll. Wichtig ist natürlich auch dass man seine Finanzen gesund hält, Kredite möglichst meidet, Ausgaben auf ihren echten Nutzen prüft – mit „echten Nutzen“ meine ich, dass Sie sich überlegen sollten, ob Sie etwas wirklich brauchen. Wir sind täglich der Medien-Suggestion ausgesetzt und unterliegen ihr in der Regel.

 

Womöglich finden Sie die Darstellung überzogen, aber selbst wenn es niemals zur Verwirklichung des Global Doom-Szenarios kommt, so haben Sie durch oben beschriebene Maßnahmen dennoch nichts verloren.

 

Marco Feiten

15.01.2004

 

 

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