25. April 2003

 

 

Die verkannten „Massenvernichtungswaffen“

Kolumne von Marco Feiten

Die USA haben den Irak vom Hussein-Regime „befreit“ und US-Präsident Bush konnte jüngst stolz verkünden, dass vom Irak keine Bedrohung mehr durch Massenvernichtungswaffen ausgehe. Abgesehen davon, dass bisher ohnehin keine solchen Waffen gefunden wurden, erscheint diese Äußerung geradezu zynisch, wenn man sich daran erinnert dass es die USA waren, die maßgeblich zur Bewaffnung des Irak beigetragen haben. Wie dem auch sei, der Irak-Krieg war für die US-Strategen auch als Mittel dazu gedacht, den „Schurkenstaaten“ und Terrororganisationen die militärische Überlegenheit und Entschlossenheit der Vereinigten Staaten von Amerika aufzuzeigen. Dies dürfte wohl auch gelungen sein, allerdings könnte das Vorgehen gerade das Gegenteil dessen bewirken, was eigentlich beabsichtigt wurde. Nun müssen auch der Iran und Nordkorea mit einem Präventivschlag rechnen. Was liegt also näher, als sich dagegen entsprechend vorzubereiten, womöglich mit der Beschaffung von Massenvernichtungswaffen?

Während die USA auf weltpolitischer Ebene ihren Status als einzige Supermacht voll zur Geltung bringen können, deutet sich auf ökonomischer Ebene weiterhin keine nachhaltige Erholung an. Positive und negative Wirtschaftsdaten wechseln ab und der US-Dollar hat zuletzt wieder deutlich gegen den Euro nachgegeben. Gerade letzteres ist von enormer Wichtigkeit, denn in einer Währung drücken sich sämtliche Zukunftserwartungen breiter Anlegermassen aus. Offenbar werden die ökonomischen Perspektiven Europas gegenüber den USA als besser beurteilt. Noch vor wenigen Jahren hätte der US-Dollar nach einem erfolgreichen Militärschlag massiv hinzugewonnen.

Die Gründe für die Schwäche des US-Dollar sind bereits oft genannt worden: hohe Verschuldung in allen drei Wirtschaftssektoren, ein gewaltiges Defizit in der Handelsbilanz, politische Unsicherheit durch den „Krieg gegen den Terror“,... Selbst einige Zentralbanken haben damit begonnen, ihre Dollar-Reserven in Euro zu tauschen. Es gibt nicht wenige Ökonomen, die ernsthaft die Meinung vertreten, der Irak-Krieg sei primär deswegen initiiert worden, weil es der Irak gewagt habe, seine Ölgeschäfte statt in US-Dollar in Euro zu fakturieren. Auch wenn dies als Hauptmotiv eher zweifelhaft erscheint, ist es interessant zu erfahren, dass auch die Islamische Republik Iran mehr als die Hälfte ihrer Devisenreserven in Höhe von 7 Milliarden US-Dollar in Euro umgetauscht haben soll und ebenfalls die Fakturierung der Ölgeschäfte in Euro in Betracht zieht. Und schließlich nutzt auch Nordkorea seit Dezember 2002 im Außenhandel den Euro, sodass die „Achse des Bösen“ vollständig ist.

Kürzlich erklärte die indonesische Regierung, dass auch die staatliche indonesische Ölgesellschaft in Betracht zieht, ihre Öl- und Gashandelsgeschäfte zukünftig in Euro abzuwickeln, da der US-Dollar zu volatil geworden sei. Es ist also der Euro, der die Vormachtstellung der USA zu brechen droht. Doch nicht nur der Euro, auch der von Malaysia initiierte Gold Dinar könnte sich zu einer „Waffe“ islamischer Länder gegen die US-Hegemonie entwickeln. Jener soll noch Mitte des laufenden Jahres umgesetzt werden und einige Länder wie Lybien, Marokko, Iran oder Bahrain haben bereits Interesse bekundet.

Der US-Dollar ist noch die Weltreservewährung schlechthin, doch immer mehr Länder, vor allem jene der islamischen Welt, setzen auf Substitute und brechen damit eine der wichtigsten Säulen des US-Imperiums: seine Währung. Der Niedergang einer Währung kann ein Land in eine tiefe Krise stürzen, was sich zuletzt wieder in Argentinien gezeigt hat. Ganze Massen verarmen und politische Instabilität kommt auf. Das mag zum jetzigen Zeitpunkt undenkbar erscheinen, doch die Geschichte hat es oft genug gezeigt. Wen man zudem die Immobilienblase und die Verschuldungslage in den USA berücksichtigt, kann ein solches Szenario nicht mehr ausgeschlossen werden.

Während Goliath nach Massenvernichtungswaffen sucht, hat David womöglich seine Schleuder mit Euros und Gold bestückt...

 

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