GESAMTBILD

 

 

Das sich verändernde Weltbild* der kommenden Jahre und Jahrzehnte

 

von Marco Feiten

 

Das Weltbild der Menschheit ist seit je her einem steten Wandel unterworfen, doch die Geschwindigkeit der Veränderungen und die Komplexität nehmen zu und führen bei vielen Menschen zu einem Gefühl der Orientierungslosigkeit, Verlorenheit und Einsamkeit. Was einst verband - Religion, Kultur und Familie - verliert an Kraft, die "Spaß- bzw. Konsumgesellschaft" stößt an ihre Grenzen, der Kapitalismus ohne Gegenspieler ist zu einer Weltanschauung ohne Sinn geworden, die Menschheit wird getrieben von der Idee der Steigerung und sehnt sich doch so sehr nach Ankunft oder zumindest Rast. Wir befinden uns in einer Umbruchphase, die Welt wie wir sie bisher kannten geht zu Ende. Das Ölzeitalter welches die Bevölkerungsexplosion erst möglich machte neigt sich dem Ende zu, der demografische Wandel wird unaufhaltsam bisherige Systeme sprengen und eine neue Finanz- und Werteordnung nötig machen.  Der Umbruch wird für viele Menschen als Katastrophe empfunden werden, wenngleich ein Urteil - wenn überhaupt - erst in einigen Jahrzehnten gefällt werden kann. Mit dem Verfall einer vorrangig durch die USA geprägten Welt- und Werteordnung werden diverse Trends und Entwicklungen einhergehen, welche die nächsten 10 Jahre und die Zeit darüber hinaus prägen werden.

 

I. Vernichtung und Umverteilung von (Buch)Vermögen 

Im Jahr 2000 bildeten viele Aktienmärkte in einer Phase der Euphorie ein Hoch und stürzten dann bis 2002/03 auf zuvor für undenkbar gehaltene Niveaus ab. Die Spekulationsblase bzw. Inflation bei den Finanzwerten in den 90ern hatte zu Über- und Fehlinvestitionen geführt. Es entstand eine „Massengier“, die den kritischen Verstand weitestgehend ausschaltete und damit Wege für vielfache Manipulationen eröffnete. Günstige Rahmenbedingungen (vgl. „Börseninfo“ Ausgabe 9) und die übertrieben optimistische Beurteilung neuer Technologien (Internet, Bio- und Gentechnologie, Nanotechnologie) trieben die Aktienkurse, ohne dass die Gewinne mit diesem Tempo mithalten konnten. Entsprechend deutlich brachen die Kurse ein, nach dem die Gewinne der Unternehmen zurückgingen. Ein „irrationaler Überschwang“ wurde zwar zwischenzeitlich durch den Chef der US-Notenbank Alan Greenspan erkannt, aber wann immer Krisen aufzogen oder sich andeuteten (Mexiko, Asien, Russland, LTCM, Y2K, dotcom-Crash, Anschläge vom 11.09.2001) wurde zwecks Systemerhalt Liquidität in die Märkte gebracht, weshalb sich die Märkte bis Mitte 2005 wieder weitestgehend erholt haben. Allerdings hat die Überliquidität in Folge des historisch niedrigen Zinsniveaus zu neuen Spekulationsblasen, insbesondere bei Immobilien,  geführt. Nahezu alle Anlageklassen (Aktien, Anleihen, Immobilien, Rohstoffe und Edelmetalle) wurden inflationiert, doch es kann sich dabei nicht um einer nachhaltige Entwicklung handeln. Irgendwann sind genug Häuser gebaut und die Preise zu hoch gestiegen als dass sich noch jemand ein solches leisten könnte, denn die Löhne und Gehälter nehmen nicht in gleicher Weise zu. Irgendwann sind die Anleihenrenditen real negativ. Irgendwann stoßen Gewinnmöglichkeiten der Aktiengesellschaften an ihre Grenzen wenn die Löhne nicht steigen, das Chance/Risiko-Profil verschlechtert sich erheblich. Irgendwann sind Rohstoffe so teuer dass die gestiegenen Kosten trotz deflationär wirkendendem Globalisierungsdruck an die Kunden weitergegeben werden müssen ("Inflation") oder aber eben die Gewinnmargen der produzierenden Unternehmen zusammenfallen. Das Fatale an der gesamten Entwicklung ist die stetig wachsende Interdependenz. So ist z.B. der private Konsum stark davon abhängig geworden dass sich die Assets immer weiter aufblähen, der US-Dollar braucht um stabil zu bleiben eine Begrenzung der ausufernden Staatsverschuldung und ein höheres Zinsniveau, doch dies würde Aktien-, Anleihen- und Immobilieninvestoren treffen. Alles ist irgendwie voneinander abhängig, es gibt keinen Ort der Sicherheit mehr. Bildlich gesprochen laufen wir auf einem Luftballon umher der immer weiter aufgeblasen wird. Es mag Stellen auf dem Luftballon geben die sich gegenüber dem Zentrum weniger stark aufblähen und doch wird man - egal wo man sich befindet - vom Platzen des Ganzen betroffen sein. Das "Endgame" dürfte um 2012 bis 2015 erfolgen, denn dann wird Peak Oil (siehe auch Punkt V.) definitiv ein Problem sein und die Baby Boomer Generation Geld für das Alter brauchen - es wird den Märkten global Kapital entzogen werden. Gold könnte sich letztlich - aufgrund seiner physischen Begrenztheit und bisherigen Untergewichtung in den Portfolios "normaler Anleger" - als einziger wirklicher ‚Safe-Haven’ erweisen, auch wegen der Verschuldungsblase, die das Vertrauen in die Papierwährungen erschüttern wird (siehe dazu auch Punkt VI.). Insgesamt ergibt sich somit ein Trend zur Vernichtung von (Buch)Vermögen wozu die Jahre 2000 bis 2002 einen ersten "Vorgeschmack" gegeben haben. Relativ besser könnten sich langfristig verschiedene Emerging Markets entwickeln, die gegen den Trend Wachstum verzeichnen und wo Wohlstand aufgebaut werden kann. Insbesondere Indien, China, Vietnam und womöglich Länder Südamerikas und Teilen Afrikas dürften sich relativ besser entwickeln, wenngleich das oben dargestellte "Endgame" globalen Charakter annehmen dürfte.

 

II. Scheitern der Altersvorsorgemodelle 

Es sind grundsätzlich zwei Modelle zu unterscheiden: das Kapitaldeckungsverfahren und das Umlageverfahren. Vereinfacht dargestellt bedeutet ersteres, dass jeder sein Alterskapital selbst anspart während beim zweiten die jüngere Generation durch ihre Beiträge die Renten der älteren Generation finanziert. Einige Länder haben Mischformen entwickelt, die dem Schein nach die optimale Lösung darstellen. In den USA setzt man auf das Kapitaldeckungsverfahren, in Deutschland eher auf das Umlageverfahren. Über die Probleme der US-Pensionskassen wurde in „Börseninfo“ Ausgabe 16 ausführlich berichtet. Die Baisse an den Aktienmärkten hat gewaltige Summen an für die Altersvorsorge gedachtem Kapital zerstört und nicht wenige Unternehmen wie z.B. Ford werden kaum in der Lage sein, diese immensen Beträge zu finanzieren. Entweder werden hier – sofern rechtlich möglich - Kürzungen vorgenommen, oder aber die entsprechenden Unternehmen melden Insolvenz an. (Nebenbei sollte man diesen Aspekt auch hinsichtlich der langfristigen Aussichten der Finanzmärkte berücksichtigen: die „Baby-Boomer“ werden hier nun eher Geld abziehen als zusätzliches zu investieren.)

Aber auch das Umlageverfahren funktioniert offensichtlich nicht mehr, denn durch den demografischen Wandel kommen immer mehr Rentner auf immer weniger junge Menschen, für die zudem nicht einmal ein Arbeitsplatz als gesichert angesehen werden kann. Außerdem steigt durch den medizinischen Fortschritt die Lebenserwartung und damit auch die Morbidität, sodass die ursprüngliche Rechnung nicht mehr aufgeht. In der Folge werden entweder die Rentenbeiträge weiter steigen, oder die Renten sinken – wahrscheinlich aber wohl beides.

Generell völlig unbeachtet ist die Tatsache dass ein nominaler Rentenbetrag letztlich nichts über den realen Wert, über dessen Kaufkraft aussagt. Die globale Entwicklung hin zu Überliquidität und Verschuldung wird früher oder später das Vertrauen in Papierwährungen erschüttern (siehe dazu auch Punkt VI.) sodass sich nicht nur eine absolute Reduzierung der Rente sondern gleichzeitig auch noch eine relative Minderung der Rente ergibt. In Verbindung mit dem unter Punkt I. dargestellten Szenario einer Vernichtung bzw. Umverteilung von (Buch)Vermögen werden faktisch alle Vorsorgemaßnahmen die auf Anlage fokussiert sind "enttäuschen". Wem auch immer diese Szenarien glaubwürdig oder zumindest möglich erscheinen dem sei nahe gelegt statt den Fokus auf die Einnahmenseite zu richten die Kostenseite näher zu betrachten - es dürfte in jedem Fall nicht schaden wenn man bis zum vermeintlichen Ruhestand Investitionen vorgenommen hat die laufende Kosten dauerhaft senken.

 

III. Ende des sozialen Friedens

Für lange Zeit haben wir in einer für die „westliche Welt“ friedvollen Zeit gelebt, auch hinsichtlich des sozialen Friedens. Zwar gab es immer mal wieder Streiks und Proteste, aber insgesamt verliefen alle Vorgänge sehr geordnet und friedlich, was auch ein nicht zu unterschätzender Standortvorteil ist. Die aktuellen ökonomischen Vorgänge lassen es jedoch als sehr wahrscheinlich erscheinen dass die Zeit des sozialen Friedens vorüber geht. Alle „westlichen Länder“ verfügen über weitestgehend gesättigte Märkte und die Produktion verschiebt sich zunehmend in Billig-Lohn-Länder wie China, Vietnam oder Pakistan und selbst Jobs im Dritten Sektor (z.B. IT) werden in immer größeren Maßstab z.B. nach Indien ausgelagert. Die Folge ist und wird sein, dass die Arbeitslosigkeit in den "westlichen Ländern" weiter steigen wird. Dabei muss jedoch neben der Zahl der Arbeitslosen auch darauf geachtet werden wie sich die Arbeitswelt für jene darstellt die Arbeit haben. In den USA haben die Menschen teils drei Jobs gleichzeitig! Bedenken Sie hier auch, dass es viele Rentner geben wird, die trotz ihres Alters arbeiten gehen werden müssen – zu fast jedem Lohn. Es ist daher nicht unwahrscheinlich dass die Löhne und Gehälter in der "westlichen Welt" fallen oder zumindest stagnieren - real folglich sogar fallen - werden. Bei steigender Arbeitslosigkeit steigt auch der Steuerbedarf des Staates – es braucht nicht viel Fantasie um sich vorzustellen, woher die zusätzlichen Mittel kommen werden. Da der Staat selbst nichts produziert und folglich keine nennenswerten Einnahmen erzielt, wird er den steigenden Kapitalbedarf entweder über weitere Schulden oder höhere Steuern (oder beides) finanzieren müssen. Eine hohe Arbeitslosigkeit, hohe Steuern und Unzufriedenheit werden sich in zunehmenden Maße in sozialem Unfrieden auswirken. In Europa dürften insbesondere Italien, welches schon heute durch den demografischen Wandel massiv belastet wird, sowie Frankreich durch Unruhen auffallen. Doch selbst im aufstrebenden China können größere Unruhen nicht ausgeschlossen werden, denn es wird auch für die chinesische Führung kein Leichtes sein, die noch immer zum großen Teil in der Landwirtschaft beschäftigten Menschen in andere Jobs zu führen - schon heute bestehen in China immense Überkapazitäten. Auch in den USA sollte früher oder später mit Massenprotesten gerechnet werden, denn nirgendwo sonst auf der Welt ist die Kluft zwischen Arm und Reich größer als im "Land der unbegrenzten Möglichkeiten". Zuletzt wird es auch in vielen Ländern der Dritten Welt Unruhen geben, denn diese Länder werden von Peak Oil (siehe auch Punkt V.) und Wassermangel (nur 0,3 % der weltweiten Wasservorräte sind als Trinkwasser verfügbar!) wohl noch stärker erschüttert werden als die "westlichen Länder".

 

IV. "Kapitalistische Planwirtschaft" und Rückkehr des Sozialismus

Was wie ein Widerspruch zu klingen scheint ist keiner. Seit dem Fall der Sowjetunion und der faktischen Aufgabe des „echten Kommunismus“ in China ist der Kapitalismus sich selbst überlassen und tendiert selbst in den USA zu einer zunehmenden „kapitalistischen Planwirtschaft“. Sehen Sie sich die nebenstehende Grafik an: der Anteil des Staates USA am Nationaleinkommen hat sich in den letzten 50 Jahren verdoppelt. In Japan wie auch in den USA und Europa wird massiv in die Märkte eingegriffen, wird offiziell über den Kauf schlechter Kredite nachgedacht – was eine Quasi-Verstaatlichung bedeuten würde. Es liegt eine bitte Ironie darin, dass man auf der einen Seite von Liberalisierung der Märkte spricht, auf der anderen aber offensichtlich genau das Gegenteil macht. Und der Grund dafür ist simpel: völlig liberalisierte Märkte führen zu Deflation, wenn die Produkte und Dienstleistungen substituierbar sind. Neben diesem Trend wird mit zunehmender sozialer Ungerechtigkeit, die vor allem in den USA ungeahnte Ausmaße annehmen dürfte, der Ruf nach dem tot geglaubten Sozialismus zurück kehren. Dies zeigt sich schon seit einiger Zeit in der ehemaligen DDR, aber auch in anderen Ländern  wie Frankreich  oder  Italien wird es einen „Linksruck“ geben. Diese Entwicklung dürfte sich in den nächsten 5 Jahren vollziehen. In Deutschland ist nun mit der Gründung der WASG genau dies bereits geschehen.

Hinsichtlich dieses Trends möchte ich noch kurz auf die meines Erachtens tragische Rolle der Globalisierungsgegner bzw. der Organisation Attac eingehen: Attac erfreut sich immer größerem Zulauf. Der Grund ist recht einfach: die politischen Parteien sind offensichtlich zu sehr mit sich selbst beschäftigt und schließlich braucht es für eine globale Entwicklung eine globale Organisation. Außerdem entwickelt sich Attac zu einer Sammelanlaufstelle für die Unzufriedenen, Weltverbesserer, US-Gegner,... die Organisation liegt also gerade voll im Trend. Attac wird in den nächsten Jahren eine höchst tragische Rolle zukommen: durch die eigenen Aktivitäten wird die Krise der westlichen Industrien verschärft und damit letztlich das Erreichen der eigenen Ziele verhindert.  

 

V. Energiekriege und das Zeitalter des Terrors

Es ist kein Geheimnis, dass sich die natürlichen Ressourcen irgendwann dem Ende zuneigen werden. Erdöl ist der wichtigste Industrierohstoff (vgl. Börseninfo Ausgabe 26) und daher von größter Relevanz. Und genau hier deutet sich eine Wende ("Peak Oil") an. Die Einsätze der USA in Afghanistan und im Irak sind ohne jeden Zweifel auch durch die Ambition getrieben, die Versorgung mit billigem Erdöl (und Erdgas) für die nächsten zwei bis drei Jahrzehnte sicherzustellen. Russlands militärische Aktionen in Tschetschenien sind ähnlich motiviert und die ressourcenreiche Kaspi-Region rückt ebenso immer mehr ins Blickfeld geopolitischer Spieler. Während die EU nach der Osterweiterung wie auch China an die Ölregionen angrenzt, gehört Russland selbst dazu und verfolgt entsprechend andere Ziele. Den USA und Japan bleiben nur Verträge oder aber direkte Interventionen bzw. Militärstützpunkte in „befreundeten Staaten“ um ihre Interessen durchzusetzen. Die offensive US-Geopolitik erklärt sich somit nicht nur durch das Selbstverständnis als einzige Supermacht sondern auch durch die geografische Isolation (vgl. dazu ausführlich Börseninfo Ausgabe 24). Längst findet - noch überwiegend auch vertraglicher Ebene - ein globaler Kampf um Rohstoffe statt, doch vorrangig ist wegen seiner Bedeutung der Kampf ums Öl.

Die Völker des Nahen Ostens haben eine hohe Anzahl an Jugendlichen, ein Alter, in dem man noch leicht zu beeinflussen und zu prägen ist. Dies werden sich radikal-islamische Organisationen zu nutze machen, woraus sich ein immenses Potenzial für aggressive Akte ergibt. Schon in Börseninfo Ausgabe 18 im Januar 2003 habe ich dargestellt, dass sich die Welt auf ein „Zeitalter des Terrors“ (siehe auch Börseninfo Ausgabe 25) zu bewegt, denn militärisch wird kaum ein Land es wagen gegen die USA vorzugehen, zumal an der Effizienz eines solchen Unterfangens doch hohe Zweifel angebracht sein dürften. Wir werden weitere Terrorakte erleben und selbst einen atomaren Terroranschlag kann man nicht ausschließen - wahrscheinlichstes Ziel ist wohl erneut New York. Der Krieg gegen den Terror wird das genaue Gegenteil dessen erreichen, wofür er begonnen wurde. Stellen Sie sich vor, Sie wären Iraner oder Syrer: würden Sie dann nicht gerade jetzt aufrüsten, wenn Sie ständig aus den USA als Teil einer „Achse des Bösen“ und als nächstes Ziel dargestellt würden? Es besteht somit die nicht zu unterschätzende Gefahr einer Eskalation hin zu einem „großen Krieg“ wobei unfraglich die "Ölwaffe" zum Einsatz kommen dürfte.

 

VI. Krise des Geldsystems (Fiat Money) und die Rückkehr des Goldes

Global ist ein Trend zu ausufernder Verschuldung zu erkennen und dieser ist systemimmanent. Dazu habe ich ein Special (Die absehbare Krise des Fiat Money, pdf-Dokument, 412 kb) verfasst, das alles Wesentliche enthält. Wie unter Punkt I. dargestellt hat die US-Notenbank in den vergangenen Jahren in nie gekannter Weise die Geldmengen ausgeweitet und durch historisch niedrigste Zinsen das Kreditwachstum angeheizt. Dies hat den US-Dollar massiv unter Abwertungsdruck gebracht, jedoch haben asiatische Länder zur Stabilisierung und Gewinnung von Exportvorteilen ihre Währungen an den US-Dollar angebunden und wurden somit dazu gedrängt ihre Geldmengen in gleicher Weise auszuweiten. Die Welt schwimmt daher in Liquidität was sich in einer globalen Inflation sämtlicher Anlageklassen auswirkt. Kaum jemand vermag sich vorzustellen dass dies alles auch wieder in sich zusammenfallen könnte. Und doch wird Wert in einer Währung ausgedrückt, wird am Preis in EUR, USD, Yen der Wert einer Sache bemessen - ein relativer Kaufkraftvergleich. Nur die ältesten wissen noch dass es nicht viel bedarf um eine Währung zu zerstören und welche Katastrophe daraus folgt. Die USA zerstören ihre Währung und da der US-Dollar Weltreservewährung ist wird dieser Prozess in wenigen Jahren in einer globalen Katastrophe enden (siehe dazu auch: Der Zusammenbruch des US-Dollar-Standard). Ich erwarte in etwa 10 Jahren eine globale Währungsreform - aber es wird nicht so einfach laufen wie es z.B. bei der Euro-Einführung war. Es werden sehr viele Menschen verarmen respektive an Wohlstand einbüßen, das Leben wird in der Endphase dieses Finanzsystems unglaublich teuer sein. Alles was an monetärer Vorsorge für das Alter geleistet wurde wird kaum noch Wert haben (vgl. Punkt II.). Historisch haben solche Inflationsexzesse wie wir gerade eines solchen Zeuge werden immer gleich geendet. Am Ende steht das Nichts, ein Luftballon ohne Luft, zusammengefallen auf seine Substanz... Letztlich wird keine der großen Währungen (Euro, US-Dollar, Yen) noch ausreichend Vertrauen genießen und in einer Krise dürften auch der chinesische Yuan oder die indische Rupie nicht als Fluchtwährung herhalten können, denn es hat kein Land ein wirkliches Interesse an einer zu starken Aufwertung der eigenen Währung. Die Krise des Fiat Money ist längst im vollem Gange, die Abwertung des Geldes hinsichtlich seiner Kaufkraft gegen Realwerte wie z.B. Immobilien, Aktien oder Rohstoffe ist exakt das was bereits seit einiger Zeit geschieht. Die Frage ob wir auf eine Inflation oder Deflation (vgl. dazu auch die Börseninfo Ausgaben 13, 17, 21 sowie Global Doom - das Worst-Case-Szenario) zusteuern beschäftigt Ökonomen schon seit Jahren - einige interessante Artikel dazu habe ich archiviert. Es ist allerdings letztlich unerheblich wie genau sich die unnachhaltige Entwicklung entladen wird - faktisch sind die Ergebnisse einer Inflation und Deflation gleich: der reale Wohlstand nimmt ab, in vielen Bereichen muss bei null begonnen werden. Wahrscheinlich wird langfristig das Gold wegen seines Symbolgehalts und seiner natürlichen Knappheit wieder seinen Weg zurück in die Währungsordnung finden, wenn auch nur über einen bestimmten Faktor. Insgesamt bin ich recht sicher, dass die Begründung einer neuen globalen Währungsordnung eine der wichtigsten Aufgaben des 21. Jahrhunderts sein wird.  

 

VII. Aufstieg Asiens und das erstarkende Selbstbewusstsein Afrikas

Parallel zum Zerfall des US-Imperiums entwickelt sich eine neue Weltmacht: China. Das Land verfügt über 1,3 Milliarden Menschen, die für sich schon eine gewaltige Binnennachfrage darstellen. (Lesen Sie dazu auch dieses Special über China). Generell glaube ich, dass Asien die Welt in den nächsten Jahren, vielleicht sogar Jahrzehnten prägen wird - der Aufstieg Asiens ist längst im Gange. Im Prinzip hat dieser Prozess schon vor einigen Jahren begonnen, sowohl materiell, als z.B. die ersten Produkte „Made in Taiwan“ Einzug in den Geschäften fanden, wie auch geistig, als der Buddhismus, Yoga, Tai Chi und Zen in Europa und den USA einen Siegeszug erlebten. Auch wenn dies womöglich eher Modeerscheinungen waren, so wurde damit doch die Bekanntheit der asiatischen Lehren sehr gefördert. Wichtig zu sehen ist, dass Asien also nicht nur "Fabrik der Welt" wird, d.h. Güter dort produziert werden, sondern dass von Asien auch Impulse für neue Wertvorstellungen ausgehen werden, bei denen Gleichgewicht und Harmonie vom Vordergrund stehen werden (siehe auch Punkt VIII.). 

Für eine "Überraschung" könnte langfristig Afrika gut sein - der vergessene Kontinent könnte erwachen. Ich glaube, dass sich dieser Kontinent, angeführt durch Südafrika, auf seine Wurzeln besinnen und aus der künstlichen Abhängigkeit von den Industrienationen lösen wird. Letztlich ist Afrika auch der einzige wirklich unterentwickelte Markt - gewissermaßen der letzte Trumpf des Kapitalismus, die letzte Region in der noch gewaltiges Konsumpotenzial besteht, sodass auch "westliche Länder " Interesse an der weiteren Entwicklung des Kontinents haben, nicht zuletzt auch wegen der dortigen Rohstoffvorkommen. Es werden sicher nicht alle Länder profitieren, doch der Gesamtwohlstand in Afrika dürfte wachsen. Dieser Prozess kann allerdings noch einige Jahrzehnte in Anspruch nehmen.

 

VIII. Wertewandel und neues Denken

Die ökonomische und darauf folgend vielleicht auch politische Krise wird zu einer Rückbesinnung auf die Familie führen. Auch dieser Trend hat schon begonnen, wird aber weiter an Bedeutung gewinnen. Dabei wird nicht unbedingt die räumliche Nähe entscheidend sein, aber die Intensität der Kommunikation. Das Internet und Bildtelefone stellen hier die nötigen technischen Voraussetzungen dar. Generell glaube ich, dass reines Profitdenken der Vergangenheit angehören und Solidarität und gegenseitige Hilfe an Wichtigkeit gewinnen wird. Dies war in Ansätzen während der Flutkatastrophen in Deutschland oder auch global in Südostasien erkennbar. Womöglich macht sich ein völlig neues Denken hinsichtlich Arbeit und damit auch dem Sinn des Lebens breit. Die Kinder der „Grünen“ wachsen heran, eine neue Generation für die Umwelt- und auch Tierschutz normal und ein fester Bestandteil ihrer Werteordnung ist. Hier sehe ich auch eine Möglichkeit für Deutschland, global weiter Akzente zu setzen und wieder Technologieführer in einem Bereich zu werden - insbesondere die Solarbranche dürfe eine langfristige Erfolgsgeschichte schreiben. Politik wird in ihrer jetzigen Form eher abgelehnt werden, doch das heißt nicht, dass sich die Menschen nicht engagieren werden. Es werden neue Institutionen entstehen, ähnlich wie Attac. Speziell für die USA erwarte ich, dass die ständigen militärischen Konflikte, die Eingrenzung der Freiheitsrechte und die sich durch Verarmung großer Teile der Bevölkerung ergebenden sozialen Spannungen dazu führen werden, dass die US-Amerikaner ihren naiven Glauben an ihre Regierung verlieren werden. Schon einmal habe ich dargestellt, dass ich hier soziale Massenunruhen in den nächsten Jahren durchaus für möglich halte. Religionen könnten eine neue Blütezeit erleben, wobei ich mir vorstellen könnte, dass sich ein Trend zu einer toleranten „individuellen Religionspraxis“ entwickelt, d.h. einer individuellen Interpretation der Religion, losgelöst von Dogmen und Traditionen. Womöglich tritt auch eine völlig neue Religion auf, die sehr schnell global an Bedeutung gewinnt und sehr wahrscheinlich aus dem asiatischen Raum (siehe auch Punkt VII.) kommen dürfte. Die kommenden Jahre des Umbruchs bereiten den Weg für ein globales Denken, das sich von nationalen Interessen verstärkt lösen wird, weil sich die Einsicht durchsetzen wird, dass die Menschheit vor Problemen steht, die auf nationaler Ebene nicht mehr gelöst werden können. Hier glaube ich, dass insbesondere von Europa aus große Akzente kommen werden, da hier dieser Prozess schon in kleinem Maßstab stattfindet. Ich halte es für möglich, dass das Sterben – das letzte große Tabuthema – anders beurteilt und sich aktive Sterbehilfe weltweit als Option des Patienten durchsetzen wird, weil es humaner und auch ökonomisch sinnvoller ist. Letztlich werden in den bevorstehenden Jahren des Umbruchs wichtige Erfindungen gemacht werden, insbesondere im Bereich neuer Energien und Antriebstechnologien. Dies erklärt sich daraus, dass die Menschen schon immer die wichtigsten Erfindungen in Krisenzeiten gemacht haben, wohl weil dann darauf die größten Anstrengungen gesetzt wurden.  


* Anmerkung:

Die voran dargestellten Abschnitte bilden mein Zukunftsszenario, das große Bild. Natürlich kann ich mit einigen Punkten völlig falsch liegen und vor allem der letzte Abschnitt ist höchst spekulativ, doch ich bin kein Prophet und kann daher auch keine sicheren Aussagen zur Zukunft machen. Ich glaube auch nicht an die Vorherbestimmtheit der Geschichte. Vielmehr denke ich, dass sich aus bestimmten Glaubenssätzen, Handlungsweisen, Entscheidungen – ob individueller oder kollektiver Natur - Wahrscheinlichkeiten für zukünftige Entwicklungen bestimmen. Einstein war über seine eigene Theorie erschüttert und sagte: „Gott würfelt nicht“. Dem stimme ich zu, aber ich glaube, dass wir selbst bewusst oder unbewusst Tag für Tag „würfeln“ und dadurch die Geschichte zu einem gewissen Grad determinieren. Leser/innen seien zudem daran erinnert dass jeder seine eigene Welt konstruiert, Wahrnehmung und Bewertung von individuellen Eigenschaften, Erfahrungen und Überzeugungen geprägt sind und es somit wohl genau so viele "Weltbilder" gibt wie jene die es "sehen". Wir sind Teil einer Welt die wir selbst erschaffen!

 

Stand 26.07.2005

 

Diese Seite wird in den nächsten Wochen und Monaten weiter vertieft.

 

 

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